Die neue Ausgabe präzisiert die Erwartungen von Ethos an die Nachhaltigkeitsberichte der in der Schweiz kotierten Unternehmen, die den Aktionärinnen und Aktionären ab 2024 zur Abstimmung vorgelegt werden müssen. Zudem werden die Anforderungen von Ethos an die Verwaltungsratspräsidentinnen und -präsidenten von Unternehmen mit hohen CO2-Emissionen verschärft. Ethos wird in Zukunft höhere Anforderungen an ihre Wiederwahl stellen, je nachdem wie sie Nachhaltigkeits- und Klimafragen angehen und überwachen.
Wie jedes Jahr hat die Ethos Stiftung ihre Richtlinien zur Ausübung der Stimmrechte aktualisiert, um den jüngsten Entwicklungen in den Bereichen Corporate Governance und Nachhaltigkeit sowie den Änderungen des gesetzlichen Rahmens Rechnung zu tragen. Das Dokument ist von zentraler Bedeutung, da es die Grundlage für sämtliche Analysen und Stimmempfehlungen von Ethos an Generalversammlungen (GV) bildet.
In diesem Jahr betreffen die Änderungen vor allem die neuen regulatorischen Anforderungen an die extra-finanzielle Berichterstattung der Unternehmen. Ab 2024 müssen die grössten börsenkotierten Schweizer Unternehmen einen Nachhaltigkeitsbericht erstellen und ihrem Aktionariat zur Genehmigung vorlegen. Im Jahr darauf treten zudem neue spezifische Anforderungen an die Klimaberichterstattung in Kraft.
Kriterien schon in 2022 formuliert
Ethos hat die Kriterien für die Genehmigung eines Nachhaltigkeits- und/oder Klimaberichts bereits in ihren Richtlinien zur Ausübung der Stimmrechte 2022 dargelegt. Mit der neuen Ausgabe präzisiert Ethos die Anforderungen an einen solchen Bericht. Damit ein Nachhaltigkeitsbericht genehmigt werden kann, muss er nach einem anerkannten Standard wie GRI erstellt und die Schlüsselindikatoren von einer unabhängigen Drittpartei (mindestens mit "limited assurance") verifiziert worden sein. Ausserdem muss er auf einer aktuellen Bewertung der wesentlichen Herausforderungen mit quantitativen Indikatoren beruhen sowie ehrgeizige quantitative Ziele für diese Herausforderungen enthalten. Schliesslich muss er rechtzeitig vor der GV für das Aktionariat zugänglich sein.
Für den Klimabericht oder der -roadmap müssen die CO2-Emissionen gemäss dem Treibhausgas-Protokoll (THG) veröffentlicht werden und möglichst alle direkten Emissionen (Scope 1 und 2) sowie die indirekten Emissionen (Scope 3) abdecken. Die Reduktionsziele müssen mit einer globalen Erwärmung von 1,5°C vereinbar sein und von einer anerkannten Organisation wie z.B. der "SBTi" verifiziert worden sein oder sich in der Validierung befinden. Das Unternehmen muss ausserdem quantitative Zwischenziele veröffentlichen, die mindestens 80 % seiner Emissionen abdecken, und die Massnahmen erläutern, die ergriffen wurden, um diese Ziele zu erreichen. Schliesslich muss das Unternehmen seine Fortschritte im Hinblick auf diese Ziele veröffentlichen und seine Klimastrategie mindestens alle drei Jahre aktualisieren.
Höhere Erwartungen an die Mitglieder der Verwaltungsräte
Die neue Version der Richtlinien zur Ausübung der Stimmrechte erlaubt es Ethos auch, die Erwartungen an die Verwaltungsratspräsidentinnen und -präsidenten von Unternehmen mit hohen CO2-Emissionen zu erhöhen. So wird Ethos künftig anspruchsvoller sein und die Wiederwahl einer Verwaltungsratspräsidentschaft ablehnen, wenn das Unternehmen keinen Nachhaltigkeitsausschuss hat, keine Abstimmung über den Klimabericht vorsieht und keine überzeugende Klimastrategie verfolgt.
Ethos wird sich auch der Wiederwahl einer Verwaltungsratspräsidentschaft widersetzen, wenn die amtierende Person nach einem heftigen Aktionärsprotest an einer früheren Generalversammlung keine Verbesserungen vorgenommen hat. Die Verwaltungsräte und insbesondere ihr Präsidium sind für die Strategie der Unternehmen verantwortlich", betont Ethos-Direktor Vincent Kaufmann. Sie müssen deshalb sanktioniert werden, wenn diese Strategie als unbefriedigend beurteilt wird, insbesondere was den Umgang mit Umwelt- und Klimafragen betrifft.
Schliesslich ist Ethos der Ansicht, dass sich die grössten THG-Emittenten mit Sitz in der Schweiz in Zukunft nicht auf eine einzige Abstimmung über die Nachhaltigkeit beschränken dürfen, sondern zwei getrennte Abstimmungen durchführen müssen: eine über den Nachhaltigkeitsbericht und eine über den Klimabericht oder die Klimaroadmap. Auf diese Weise kann das Aktionariat regelmässig über die vom Unternehmen verfolgte Klimastrategie und vor allem über deren konkrete Auswirkungen und die im Laufe der Jahre notwendigen Anpassungen abstimmen. Die Abstimmung über den Klimabericht ist in der Tat von entscheidender Bedeutung, um die Fortschritte der Unternehmen im Hinblick auf ihre Ziele zu messen und sicherzustellen, dass konkrete Massnahmen umgesetzt werden. Es besteht nämlich die grosse Gefahr, dass sich die Unternehmen zur Erreichung ihrer Klimaziele hauptsächlich auf die Finanzierung von Kohlenstoffsenken konzentrieren, ohne ihr Geschäftsmodell und die für den Übergang erforderlichen Investitionen in Frage zu stellen.